Eisenbahn im Film  –  Rail Movies 
 

 

 

 

Ich denke oft an Piroschka

 

Art: Spielfilm
nach dem Roman von Hugo Hartung
Produktion: BRD 1955
Regie: Kurt Hoffmann
Farbe: Eastmancolor
Laufzeit: 92'

 

Inhalt

Anno 1925 fährt der deutsche Austauschstudent Andreas (Gunnar Möller) auf einem Donaudampfer nach Ungarn. Unterwegs verliebt er sich Hals über Kopf in die blonde Greta (Wera Frydtberg), die zukünftig für das Istanbuler Büro der Norddeutschen Lloyd als Sekretärin arbeiten soll, vorher aber noch am Plattensee Urlaub machen will. Gemeinsam verbringt man einen romantischen Abend in Budapest, an dessen Ende die Adressen ausgetauscht werden. Am nächsten Tag reist Andreas weiter in ein abgelegenes Pusztakaff mit dem zungenbrecherischen Ortsnamen „Hódmezövásárhelykisztasipuszta“*, wo Istvan Rasc (Gustav Knuth) als Stationsvorsteher amtet und eine 17-jährige Tochter namens Piroschka (Liselotte Pulver) hat. Schon bald sind „Andi“ und „Piri“ unzertrennlich und verlieben sich ineinander. Es herrscht eitel Sonnenschein, bis eines Tages eine Postkarte vom Plattensee eintrudelt...

   

* Hinweis von Klaus Petereit: Einen Ort namens Hódmezövásárhely-Kutaspuszta gab es wirklich bis 1949. Heute heißt er Székkutas. Dort gibt es sogar ein Hugo-Hartung-/Piroschka-Museum.

 

Eisenbahn

Noch vor dem eigentlichen Vorspann passiert eine DB-Elektrolok der Baureihe E 16 (1’Do1’, Krauss/BBC, erste Serie 1926/27, zweite Serie 1932/33) mit einem internationalen Schnellzug einen mit Schranken gesicherten Bahnübergang auf der Hauptstrecke München–Salzburg. Womöglich handelt es sich um den F 153/154 „Tauern-Express“ (Ostende–Belgrad) in Richtung München, mutmaßlich im Abschnitt Traunstein–Rosenheim. Demnach läuft gleich hinter der Lok ein CIWL-Schlafwagen (Typ Y), dann ein ÖBB-Schürzenwagen der Gattung AB4üh, gefolgt von der SNCB-Kurswagengruppe und einem CIWL-Speisewagen. Der Hauptprotagonist, zu Beginn bereits im gesetzteren Alter, sitzt derweil in einem Abteil der Polsterklasse. Die bittersüße Erinnerung an Piroschka bildet dann die eigentliche Filmhandlung, nachdem der Zug vor einem geschlossenen Formsignal (Hp 0/Vr 0) angehalten hat. In dieser Einstellung wird zwar wieder eine E 16 gezeigt, jedoch vor einem anderen Zug. Beim zweiten Waggon hinter der Lok handelt es sich jedenfalls um einen DB-Schürzenwagen, wahrscheinlich der Gattung AB4ü-38.

Drehorte

Anno 1955 gestattete die politische Großwetterlage keine Dreharbeiten am Originalschauplatz. Deshalb wurde nach Jugoslawien ausgewichen, welches bereits 1948 aus der Kominform ausgetreten war. Die abendliche Ankunft des Donaudampfers in Budapest musste mittels aufwendiger Modellbauten der beleuchteten Skyline am Pesti rakpart samt Ketten- und Elisabeth-Brücke im Atelier der Bavaria Studios nachgestellt werden, wobei sogar der Autoverkehr auf den beiden Brücken simuliert wurde – ein eindrücklicher wie außergewöhnlicher Special Effect für dieses Genre.

Die bahn-spezifischen Dreharbeiten fanden in der nördlichen Batschka an der Grenze zu Ungarn statt, genauer im Dreieck Subotica-Senta-Horgos. Als Bahnstation des fiktiven Pusztadorfes fungierte die damalige Haltestelle Gornji Breg an der Nebenbahn Subotica-Senta der Jugoslawischen Staatsbahn (JZ). Hier, am Kilometerstein 35, weist die eingleisige Nebenbahn in Richtung Senta zu Beginn einer weiten Rechtskurve ein altungarisches Formsignal auf, derweil weiter ostwärts und schon außerhalb des Blickfelds, die Nebenbahn Senta–Horgos nach Norden abzweigt. Die Bahnsteig-Szene in Siófok, wo Greta ihre Ferien verbringt, entstand derweil in Palic (am gleichnamigen Heilwassersee), wo auch alle folgenden, am Plattensee spielenden Episoden gedreht wurden.

Rollmaterial

Im Film besteht das tägliche Personenzugpaar aus zwei Zweiachsern (einer mit Bühneneinstiegen), deren JZ-spezifische Anschriften entfernt wurden, und der JZ-Tenderlok 152 083, zumindest gemäß der Betriebsnummer an der Pufferbohle. Gemäß Harald Navé* soll es sich in der Tat um die JZ-Maschine 152 077 (Cn2t, ursprünglich Ungarische Staatsbahn MAV, Lok 377 081, Baujahr 1889) handeln, die er ein paar Jahre später im Sommer 1959 zwischen Nis und dem Vorort Crevni Crst fotografiert hat. Dort verdiente die Veteranin ihr Gnadenbrot vor dem JZ-Personalzug zwischen der Stadt und dem Betriebswerk. Bislang lässt sich diese Behauptung nicht verifizieren, erscheint aber zumindest fragwürdig. Gegen Ende ist dann aus Richtung Senta noch der „23.40 Uhr-Schnellzug“ zu sehen, laut Piri mit Schlaf- und Speisewagen („Essenswagen“), wobei eine Prairie-Schlepptenderlok der JZ-Baureihe 01 (1’C1’h4, Schwartzkopff/MGB 1922) zu erkennen ist.

   

* Dampflokomotiven in Mittel- und Osteuropa, Franckhsche Verlagshandlung, Stuttgart 1977, ISBN 3-440-04368, Bild Seite 78 oben

Anmerkung von Joachim Biemann: Die MAV-Lok 152 077 ist in Crveni krst (einem Stadtteil von Nis) als Denkmal erhalten geblieben. Als in Nis „für ein Museum vorgesehen“ führt sie bereits C. J. Halliwell auf (The Locomotives of Jugoslavia, Frank Stenvalls Förlag, Malmö 1972, Seite 152). Für ihre Geschichte gibt dieses Buch außerdem an: Möglicherweise war die MAV-Lok 377 081 im Jahr 1933 außer Dienst gestellt. Daher erhielt sie nicht ihre vorgesehene JDZ-Betriebsnummer. Später reparierte man sie jedoch und reihte sie nach dem Zweiten Weltkrieg als JZ-Lok 152 077 ein. Für die JZ-Lok 152 083 bringt Halliwell keine Angabe über Ausmusterung oder sonstigen Verbleib nach 1945. – Im Piroschka-Film tritt außerdem ein Schienenfahrrad (Draisine) auf.

 

Autor dieser Filmbesprechung: Manuel Gurtner; Hinweise von Klaus Petereit und Joachim Biemann
Online: 20.12.2015

 

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