Eisenbahn im Film  –  Rail Movies 
 

 

 

 

Twin Peaks

 

Art: TV-Serie
Produktion: USA 1990
Regie: David Lynch
Farbe: Technicolor
Laufzeit: Pilot-Film à 100' + 29 Episoden à 50'

 

Inhalt

Im Pilotfilm dieser epochalen Kultserie wird der exzentrische FBI-Agent Dale Cooper (Kyle MacLachlan) in eine vermeintlich idyllische US-Kleinstadt namens „Twin Peaks“ abkommandiert, um den mysteriösen Mord an der 17-jährigen Schülerin Laura Palmer (Sheryl Lee) aufzuklären. Im Laufe der Ermittlungen offenbart sich jedoch ein undurchdringliches Geflecht von Intrigen, Verschwörungen und Exzessen, welches zunehmend von einer metaphysischen Dimension beeinflusst wird, die Elemente der indianischen und tibetischen Mythologie sowie des theosophischen Okkultismus nach Helena Blavatsky (1831 bis 1891), deren Geheimlehre Ideen des Hinduismus, Buddhismus und der Gnosis aufgreift.

 

Eisenbahn

Der eigentliche Tatort entpuppt sich als schadhafter Sechsachser mit Holzaufbau in Pullman-Grün. Der stark verwitterte Reisezugwagen steht zusammen mit einem ebenfalls ausrangierten braunfarbenen Sechsachser der schweren Bauart (Standard Heavyweight) – anscheinend aufgebockt und seiner Drehgestelle beraubt – verlassen auf einem ehemaligen Ladegleis mitten im „Ghostwood National Forrest“ und scheint früher einmal als Unterkunft oder Werkstatt für Bahn- oder Waldarbeiter fungiert zu haben.

Das von Norma Jennings (Peggy Lipton) geführte „RR Diner“ (sprich: Double „R“ Diner) mit seinem sagenhaften Kirschkuchen und dem laut Cooper „verdammt guten Kaffee“ ist eine Referenz an die mitten durch den Ortskern führende, aber nur noch spärlich frequentierte Bahnlinie (sprich: Rail Road). In der Episode „Spuren ins Nichts“ ist im Schaufenster des örtlichen Warenhauses eine durchgestaltete Modellbahnanlage der Nenngröße G (Spurweite 45 Millimeter) zu sehen, auf der ein US-Westernzug im Maßstab 1:22,5 unermüdlich seine Runden dreht.

Geografische Eingrenzung

Um die bahnspezifischen Aspekte näher beleuchten zu können, muss die geografische Lage der fiktiven Kleinstadt genauer bestimmt werden, wobei hier diverse Widersprüche festzustellen sind. Eine feste Größe bildet daher der 49. Breitengrad, welcher bekanntlich die Grenze zu Kanada markiert. Unbestritten ist weiter, dass sich „Twin Peaks“ im US-Bundesstaat Washington befindet. Genauere Koordinaten liefert das Memo von Cooper an seine Sekretärin Diane, demgemäß die Stadt fünf Meilen (8 Kilometer) südlich der kanadischen Grenze und 12 Meilen (knapp 20 Kilometer) westlich der Staatsgrenze (zu Idaho) liegt. Je nach Gewichtung weiterer Anhaltspunkte ergeben sich daraus folgende plausible Szenarien.

Szenario 1

Überträgt man die von Cooper gemachten Koordinaten in die geographische Wirklichkeit, befindet sich „Twin Peaks“ am Highway 31 im Gebiet des Pend Oreille County, also im nordöstlichsten Bezirk des Bundesstaates Washington. Die Bahnlinie wäre dann die (fiktive) Verlängerung einer 141 Kilometer langen Stichbahn der einstmaligen „Milwaukee Road“ von Newport nach Metaline Falls, wo sich ein Zementwerk befindet.

Szenario 2

Gewichtet man jedoch vor allem die Tatsache dass „Twin Peaks“ gemäß der Handlung am Highway 21 liegt, erhöht sich Distanz zur Staatsgrenze von Idaho bereits auf etwa 112 Kilometer (70 Meilen). Die Bahnlinie entspricht damit der grenzüberschreitenden Stichbahn der ehemaligen „Great Northern“ von Kettle Falls (Washington) nach Grand Forks (British Columbia) – an der Transkontinentalstrecke der „Canadian Pacific“ (CPR) via Crowsnest-Pass – und wieder zurück über die Grenze nach Republic (Washington).

Szenario 3

Fokussiert man hingegen auf die bisher zum Thema publizierten Distanzangaben in bezug auf real existierende Orte, dann liegt „Twin Peaks“ knapp 142 Kilometer (88 Meilen) nördlich von Spokane (Washington) und 50 Kilometer (31 Meilen) südlich von Castlegar (British Columbia). Demgemäß resultiert eine Distanz zur Staatsgrenze von Idaho von etwa 53 Kilometer (33 Meilen). Die Bahnlinie entspricht dann der ebenfalls grenzüberschreitenden Verbindung der damaligen „Burlington Northern“ von Kettle Falls nach Nelson (British Columbia) an der Crowsnest-Route der CPR in Richtung Lethbridge (Alberta).

Kombiniert man die geographischen und verkehrstechnischen Attribute und wendet diese auf real existierende Ortschaften an, dann kommt als wahrscheinlichstes Vorbild für „Twin Peaks“ die Gemeinde Northport in Frage:

  • Entfernung zu Landesgrenze: 9,7 Kilometer (6 Meilen)
  • Entfernung zu Staatsgrenze: 55,5 Kilometer (34,5 Meilen)
  • Entfernung zu Spokane: 142 Kilometer (88,5 Meilen)
  • Entfernung zu Castlegar: 46,7 Kilometer (29 Meilen)
  • liegt an einem Gewässer: Columbia River
  • liegt an einem Highway: Nº 25
  • liegt an einer Bahnlinie: Kettle Falls-Nelson

Die Waggons und der Drehort

Beim ersten Fahrzeug dürfte es sich um einen Sitzwagen vom Typ „Coach“ der einstmaligen „Spokane, Portland & Seattle“ (SP&S) mit Baujahr 1912 handeln, welcher von der Waggonbaufirma Barney & Smith in Dayton (US-Bundesstaat Ohio) gefertigt wurde und zur Zeit der Dreharbeiten (Februar und März 1989) noch zum Inventar der in Snoqualmie (US-Bundesstaat Washington) ansässigen Puget Sound Railway Historical Association (PSHRA) gehörte, derweil sich der zweite Waggon nicht mehr in deren Besitz befindet, sondern ungefähr 1992 zur Astoria Railroad Preservation Association (ARPA) im US-Bundesstaat Oregon gelangte, wo das Fahrzeug inzwischen betriebsfähig aufgearbeitet wurde. Demnach handelt es sich um den ursprünglichen „Coach“ Nº 273 (Sitzwagen 1. Klasse mit Mittelgang) der SP&S, welcher anno 1915 ebenfalls von Barney & Smith geliefert wurde. 1955 wurde der Waggon modernisiert und mit einem Gepäckabteil versehen.

Nach seiner Ausmusterung anno 1972 gelangte der „Baggage-Coach“ ebenfalls nach Snoqualmie und verblieb bei der PSHRA. Als Drehort wurde zuerst das Waldgebiet westlich des Snoqualmie-Wasserfalls (Höhe 82 Meter, Breite 30 Meter) im Bereich der seit 1974 stillgelegten Zweiglinie der „Burlington Northern“ (BN) von Woodinville nach North Bend in Betracht gezogen, welche bis 1970 von der „Northern Pacific“ befahren wurde. Nachforschungen ergaben jedoch, dass die Dreharbeiten weiter südlich auf dem dazumal noch vorhandenen „Niblock Yard“ (siehe Grafik) stattfanden, wo das zur Aufarbeitung vorgesehene Rollmaterial der PSHRA unter freiem Himmel abgestellt war.

Das Bahngelände musste nach 1991 aufgrund einer neugeplanten Erschließungsstraße geräumt und die Abstellgleise entfernt werden. Während hier heutzutage der vierspurige „Snoqualmie Parkway“ verläuft, entstand aus der PSHRA zwischenzeitlich das „Northwestern Railway Museum“, welches auf dem knapp neun Kilometer langen Teilstück nach North Bend die Museumsbahn „Snoqualmie Valley Railroad“ betreibt.

Die Brücke und der Drehort

Das überlebende Opfer Ronette Pulaski (Phoebe Augustine) wird in der Folge auf einem Streckengeleise im Bereich einer Stahlbrücke von einem Bahnarbeiter aufgegriffen. Konkret handelt es sich um die Nebenlinie der ehemaligen „Milwaukee Road“ von Cedar Falls nach Monroe Junction, auf der die Reinig Bridge (siehe Grafik) seit 1916 den Snoqualmie River sowie die Reinig Road überspannt, an der übrigens die fiktive Ortstafel mit dem Slogan „Welcome to Twin Peaks“ aufgestellt war.

 

Streckenskizze

Die unmaßstäbliche Grafik zeigt die Linienführung von „Burlington Northern“ und „Milwaukee Road“ im Einzugsgebiet von Snoqualmie anno 1974.

 

Der Streckenabschnitt zwischen Monroe Junction und Snoqualmie Falls wurde 1974 aufgelassen und der Betrieb der Reststrecke bis Cedar Falls ab 1981 von der BN übernommen, um die Holztransporte der Weyerhaeuser-Sägemühle in Richtung Tacoma weiterhin zu gewährleisten. Nur zwei Monate nach Abschluss der Dreharbeiten wurde die noch aus dem Jahr 1917 stammende Infrastruktur der ursprünglichen „Snoqualmie Falls Lumber“, deren weitläufige Werkhallen im Pilot-Film als Kulisse für das Packard-Sägewerk gedient hatten, größtenteils abgerissen und durch einen modernen, jedoch stark redimensionierten Komplex ersetzt.

Die noch mit der Bahn durchgeführten Holztransporte verlagerte man 1990 endgültig auf die Straße, weshalb das Geleise nach North Bend ebenfalls stillgelegt und ein Jahr später abgebaut wurde. In der Folge wurde das verbliebene Gleisbett in einen Radwanderweg umgewandelt.

 

Autor dieses Beitrags: Manuel Gurtner
Online: 06.12.2009

 

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