Eisenbahn im Film  –  Rail Movies 
 

 

 

 

Durchbruch Lok 234

 

Art: Spielfim
Produktion: BRD 1963
Regie: Frank Wisbar
Farbe: schwarzweiß
Laufzeit: 88'

 

Pallas zeigt:
den Frank Wisbar-Film

DURCHBRUCH
LOK 234

Eine Produktion der
Profil-Filmgesellschaft mbH in Gemeinschaft
mit Gerhard T. Buchholz
Der Handlung dieses Filmes liegt ein tatsächliches
Geschehen zugrunde. Die Personen wurden jedoch frei
gestaltet. Etwaige Namensgleichheit oder Ähnlichkeiten
mit lebenden Personen wären daher rein zufällig.
Copyright by Profil-Filmgesellschaft mbH Berlin 1963

World Distribution
CI
Cine International
presents

Darsteller:
Erik Schuman
Maria Körber
Helmut Oeser
Hans Paetsch
Herbert Fleischmann
Katharina Mayberg
Heidrun Kussin
Anna Maria Böhme
Eva Fiebig
Karl Heinz Gerdesmann
Peter Lehmbrock
Georg Lehn
Rainer Eggers
Angelika Thieme
und Joseph Offenbach


Drehbuch: Gerhard T. Buchholz
Musik: Peter Laurin
Kamera: Bert Meister CdK
Bauten: Will Vierhaus
Regie-Assistent: Thomas Fantl
Ton: Karl Tramburg
Herstellungsleitung: Frank Tietz
Produktionsleitung: Luise Doering
Technische Bearbeitung: Studio Hamburg, Atelierbetriebsgesellschaft mbH Hamburg-Wandsbek

 

Uraufführung: 20.11.1963, Hamburg
erste ARD-Sendung: 14.06.1969

Ursprünglich vorgesehener Titel des Films: „Endstation Freiheit“; zunächst war der frühere DEFA-Schauspieler Dietrich Kerky für die Hauptrolle ausgewählt, seine Film-Partnerin sollte von Barbara Rütting dargestellt werden. Produzent Frank Tietz und Autor Gerhard T. Buchholz erhielten im Dezember 1962 eine Drehbuchprämie von 200 000 Mark, die laut Signon (Kölnische Rundschau, 1962) vom Bundesministerium des Inneren ausgeschrieben wurde.

 

Inhalt

Der Film gestaltet ein Ereignis vom 05.12.1961 („kurz nach 21 Uhr“, so Kruse) nach: Flucht eines Lokführers und eines Heizers mit mehreren Familien von Oranienburg über die „Hauptstrecke Hamburg–Berlin“ (Kruse) nach West-Berlin. Fluchtzug: eine Dampflok mit acht Personenwagen (wiederum Kruse).

Laut einer Meldung in der Kölnischen Rundschau vom 08.12.1961 fand der Vorfall auf der Strecke Falkensee–West-Berlin statt, auf der zuvor Interzonenzüge aus Hamburg liefen. Mit dem Zug flüchteten am Abend des 5. Dezember 25 Personen aus der DDR. Es habe sich um einen „verbrecherischen Anschlag auf den Interzonenzug aus Hamburg“ gehandelt, so zitiert die Meldung die „sowjetzonale Nachrichtenagentur“. In der Nacht zum 7. Dezember wurde die Strecke von „Sowjetbehörden“ endgültig unterbrochen. Arbeitstrupps entfernten dort 20 Meter vor der Grenze zu West-Berlin Schienen und Schotter.

Der Film „behandelt nach einer wahren Begebenheit ein deutsches Schicksal unserer Tage. Bei der Errichtung der Berliner Mauer im August 1961 ging die Deutsche Reichsbahn daran, die Gleisverbindungen nach West-Berlin abzubauen. Ein Lokführer der Reichsbahn entwickelt daher den abenteuerlichen Plan, mit seinen Angehörigen und mehreren Bekannten in einem regulären Personenzug zu flüchten. Der bevorstehende Gleisabbruch zwischen Albrechtshof und dem auf Westberliner Gebiet liegenden Bahnhof Spandau-West zwingt zu raschem Handeln. Durch Lahmlegung der Bremsleitung werden die Notbremsen der Wagen ausgeschaltet. Das Personal fährt den fahrplanmäßigen Zug Oranienburg–Albrechtshof unter Volldampf über das Haltesignal hinaus und erreicht Westberliner Gebiet. [...] Der Film vermittelt in seiner ganzen Anlage unverfälschte Eisenbahnatmosphäre. Anscheinend war Regisseur Frank Wisbar hierbei gut beraten worden.“
[Lok Magazin Nr. 40 (Februar 1970), Seite 68]

„Wie erinnerlich, hatte [der DR-Lokführer] Deterling vor seiner Aktion den Übereifrigen gespielt, der an einem dienstfreien Tag eine ‚nationale Aufbauschicht‘ fahren wollte. Er beantragte, die Fahrt auf der von ihm ausgesuchten Strecke ausführen zu dürfen – was kaum zu erwarten gewesen war – seine Behörde setzte den ohnehin wegen seiner Einstellung zum System verdächtigen Mann da ein.
Dann kamen die Kalamitäten mit der altersschwachen Lok, die der Notbremse. Wie würden die Zufallspassagiere reagieren, die von dem Unternehmen nichts wissen durften? Wie der mitfahrende kommunistische Transportführer? Schließlich konnte der Durchbruch durch die maschinengewehrbesetzte Bahnhofssperre [= Grenzsperranlage; JB] in Albrechtshof schiefgehen, aber die verdutzten Posten der Volkspolizei vergaßen vor Schreck zu schießen.“
[Helmut Signon: Kölner verfilmen tollkühne Flucht mit dem Personenzug. In: Kölnische Rundschau vom 8. Dezember 1962 (Lokalteil Köln).]

 

Eisenbahn

Die Bahn spielt bei dem vorgegebenen Stoff natürlich eine gewichtige Rolle. Es zeigen sich allerdings etliche Details, die deutlich auf die Deutsche Bundesbahn verweisen und nicht auf die der Story entsprechende DDR-Reichsbahn. Das hätte man wohl ohne größere Investitionen vermeiden können. Die auf die „unverfälschte Eisenbahnatmosphäre“ gemünzte Formulierung (Lok Magazin 40) trifft durchaus zu, Regisseur Frank Wisbar sei für den Film „gut beraten worden“. Dem Eisenbahnfreund bietet sich ein nur unwesentlich verändertes Bild von DB-Fahrzeugen vom Anfang der 1960er Jahre. Das kann und möchte ich als vorteilhaften Aspekt betrachten.

Dass im Film statt einer (historisch zutreffenden) Tenderlok der Baureihe 78 eine Dampflok der BR 38 verwendet wurde, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass man in der 78er den Führerstand kaum in passendem Abstand filmen konnte. Vom Schlepptender der 38er aus ging das schon eher – aber damals haben sich wohl weder die Filmleute noch die Zuschauer Gedanken um Dampflok-Baureihen gemacht.

Drehorte

Am Anfang des Films ist der Rechteckschuppen des DB-Bahnbetriebswerks Hamburg-Harburg zu sehen (mit einem großen Stationsschild „Oranienburg“). Er wird später noch mehrmals gezeigt, darunter auch Innenaufnahmen. Fotografien dieses Bw sind in der Literatur recht selten veröffentlicht worden, umso mehr können die Filmszenen als historisch wertvolle Bildquellen aufgefasst werden.

Auch im „echten“ Bahnhof Oranienburg gab es ein Betriebswerk, das jedoch einen lediglich dreigleisigen Rechteckschuppen aufwies. Insofern ist das Bw Harburg als Drehort stark überdimensioniert.

Unter anderem wurde außerdem in Geesthacht gefilmt.
[Angabe laut: Film-Schauplatz Niedersachsen]

Ein weiterer Anhaltspunkt zum Drehort: „Es [das Filmvorhaben; JB] soll schon im Januar [1963] gestartet werden. ‚Wir brauchen miserables Wetter. Es gibt keine Atelieraufnahmen. Wir drehen bei Hamburg und in Berlin.‘ [...] Produzent Tietz hat bereits den Schauplatz für die Außenaufnahmen gefunden, eine stillgelegte Eisenbahnstrecke bei Hamburg. ‚Aufnahmen mit fahrenden Zügen sind immer so eine Sache‘, erklärt Wisbar, dem man trotz des fast 20jährigen USA-Aufenthaltes (1938 bis 1957) immer noch die Herkunft aus Tilsit anhört. ‚Als Regisseur soll man sich vor Szenen mit Zügen, winkligen Treppen, Hunden und Kindern hüten – da weiß man nie, was passiert.‘“
[Helmut Signon: Kölner verfilmen tollkühne Flucht mit dem Personenzug. In: Kölnische Rundschau vom 8. Dezember 1962 (Lokalteil Köln).]

 

Aus Geesthacht wird Oranienburg

Geesthacht liegt rund 30 Kilometer südöstlich von Hamburg. Es handelte sich bei einem der Eisenbahn-Drehorte um die „Vierländer Eisenbahn“ der Bergedorf-Geesthachter Eisenbahn. Sie zweigte hinter Bergedorf Süd von der Strecke nach Geesthacht ab und führte nach Zollenspieker. 1953 wurde die „Vierländer Eisenbahn“ für den Reisezugverkehr stillgelegt, 1961 größtenteils auch für den Gesamtverkehr. Lediglich der Abschnitt Bergedorf Süd–Pollhof diente noch bis 1978 einem geringen Güterverkehr.

Als Zeitzeuge konnte Ulrich Sauff seinerzeit die Dreharbeiten beobachten. Dazu schreibt er (per E-Mail):

In Geesthacht wurden tatsächlich etwa 1962 diverse Szenen zu diesem Film gedreht, unter anderem die Durchbruchsszene auf den Gleisen der Bergedorf-Geesthachter Eisenbahn. Unterhalb der „Bergsiedlung“ Escheburg waren dafür Holzkulissen, Wachtürme und Sperranlagen auf den Gleisen aufgebaut, die die DDR Grenze darstellen sollten.

 

Heino Ewald erläutert dazu (ebenfalls per E-Mail):

  • Der Bahnhof „Oranienburg“ ist ganz sicher der alte Geesthachter Bahnhof, der auch auf der Homepage der Arbeitsgemeinschaft Geesthachter Eisenbahn zu sehen ist (=> Unterseite „Über unsere Strecke“, dort Bahnhofs-Rückseite).

    Der Bahnhof ist jetzt ein städtisches Jugendzentrum; ein kleiner Raum an der Rückseite wird für Fahrkartenverkauf während der Museumsfahrten mit der Dampflok „Karoline“ genutzt.

    Es wurde für den Film „Durchbruch Lok 234“ anscheinend vor und hinter dem Bahnhof gedreht.

  • Szene, in der die beiden Grenzer an der Gleissperre patroullieren, während Lokführer Dölling das Stellwerk auskundschaftet:

    Möglicherweise handelt es sich um die Strecke zwischen Geesthacht und Hamburg-Bergedorf. Im Hintergrund ist ein bewaldeter Höhenzug zu erkennen, das könnte der so genannte Geesthang sein.

  • Szene kurz vor dem Durchbruch, Lok fährt von links ins Bild:

    Es sind in der Dämmerung zwei Hochspannnungsmasten zu erkennen. Eine Hochspannungsleitung führt am Geesthachter Bahnhof und zum Teil an der weiteren Trasse Richtung Hamburg vorbei – ein Indiz dafür, dass der Durchbruch selbst auch in Geesthacht gedreht wurde.

 

Bf Geesthacht als Oranienburg, 1963
 

Für die Dreharbeiten wurde das Empfangsgebäude des Bahnhofs Geesthacht 1963 zum Bahnhof „Oranienburg“, hier die Straßenseite. (Foto: Jürgen Ewald, Geesthacht)

 

Bf Geesthacht, Strassenseite, 2004
 

Relativ wenig verändert zeigt sich das jetzt als Jugendzentrum genutzte frühere Geesthachter Empfangsgebäude am 18.01.2004. (Foto: Heino Ewald)

 

Bf Geesthacht, Gleisseite, 2004
 

Die Gleisseite des Geesthachter Empfangsgebäudes am 18.01.2004; der erkerartige Anbau links ist auch im „Durchbruch“-Film zu sehen. (Foto: Heino Ewald)

 

Bf Geesthacht, Polit-Parolen, 1963
 

Polit-Parolen gehörten 1963 zur zeitweiligen Umgestaltung des Bahnhofs Geesthacht. (Foto: Jürgen Ewald, Geesthacht)

 

Bf Geesthacht, Schaufensterauslage, 1963
 

Fast liebevoll ausgestattet ist eine Schaufensterauslage à la DDR im Bahnhof „Oranienburg“, also Geesthacht. (Foto aus dem Jahr 1963: Jürgen Ewald, Geesthacht)

 

Lokomotiven

Zuglok des historischen Fluchtzugs war 78 079 vom Lokbahnhof Oranienburg des Bahnbetriebswerks Pankow.

Im Film gezeigte Lokomotiven (der Filmtitel „Durchbruch Lok 234“ bezieht sich auf die angebliche Nummer des Fluchtzugs):

  • vor dem Vorspann: 50 545 (12.1962 und 12.1964: Bw Hamburg-Harburg) in „Oranienburg“ (= Bw Hamburg-Harburg)

später unter anderem (identifizierbare Loks):

  • 38 3301 („DB“-Schild auf „DR“ abgeändert; 28.03.1945-22.05.1963: Bw Hamburg-Harburg, 23.05.1963-07.10.1963 Bw Lübeck, 08.10.1963-01.07.1964 Bw Hamburg-Harburg)
  • 38 3239 (07.06.1960-08.09.1963 Bw Hamburg-Harburg, 09.09.1963-01.11.1964 Bw Hamburg Hbf)

Zuglauf

  • Angeblicher Zuglauf des im Film gezeigten „P 234“ („DB“-Zeichen auf den 4yg-Umbau-Waggons der DB abgeändert in „DR“):
    Oranienburg – Lehnitz – Birkenwerder – Finkenkrug – Albrechtshof – Grenze
  • Laufweg des historischen Fluchtzugs (Angaben größtenteils laut Kuhlmann):
    Oranienburg [19.33 Uhr; km 28,50] – Lehnitz [km 25,70] – Borgsdorf [km 22,48] – Birkenwerder (b Berlin) [km 19,40; dort Abzw nach Hohen Neuendorf West, Berliner Außenring] – Hohen Neuendorf (b Berlin) – Falkensee [letzter Halt in der DDR] – Albrechtshof [km 17,24] – Grenze [km 16,39] – West-Berlin [„etwa 1400 Meter hinter der Grenze Ecke Leutinger/Seegefelder Weg“, „kurz nach 20.45 Uhr“]

 

Literatur

  • Bley, Peter: Berliner Nordbahn. 125 Jahre Eisenbahn Berlin–Neustrelitz–Stralsund. Berlin (Verlag Bernd Neddermeyer) 2002. Seiten 93 bis 97 [Bau- und Betriebsgeschichte der Strecke zwischen Berlin und Oranienburg, 1961/1962].
  • Ebel, Jürgen U.; Knipping, Andreas; Wenzel, Hansjürgen: Die Baureihe 78. Bewährt in sechs Jahrzehnten: Preußens T 18. Freiburg (EK-Verlag) 1990. Seiten 110 bis 112.
  • Kruse, Peter: Bilder einer schon versunkenen Zeit. [Internet-Unterseite von: Hamburger Abendblatt]
  • Kuhlmann, Bernd: Züge durch Mauer und Stacheldraht. Berlin (Gesellschaft für Verkehrspolitik und Eisenbahnwesen GVE) 1998, 4. Auflage 2000. Seiten 16 bis 22.
  • Meyer, Ulfilas: Kino-Express. Die Eisenbahn in der Welt des Films. München und Luzern (Verlag C. J. Bucher) 1985. Seiten 32, 33 [Foto: Lok 38 3239 durchbricht die Grenzanlagen] und 97.
  • Paul, Lennart: Dampf im Kino. In: eisenbahn magazin September 1996, Seite 28 [Foto: Lok 38 3239 durchbricht die Grenzanlagen; kleinerer Bildausschnitt als bei „Kino-Express“].
  • Reimer, Michael; Winkler, Dirk: Berliner Bahnbetriebswerke. Von den preußischen Lok-Remisen bis zum ICE-Betriebshof. München (GeraMond Verlag) 2001. Seiten 103 f [Bw Oranienburg].
  • Schröder, Arno: Die preußische P 8 in West und Ost, in Nord und Süd. Eine Gesamtdokumentation. Teil 2. Hannover 1987.
  • Schweitzer, Alexander: Endstation Freiheit. Folge Nr. 436 der TV-Reihe „Eisenbahnromantik“. Prod.: SWR 2001; Erstsendung: 02.12.2001.
  • Signon, Helmut: Kölner verfilmen tollkühne Flucht mit dem Personenzug. In: Kölnische Rundschau vom 8. Dezember 1962 (Lokalteil Köln).
  • Triebfahrzeug-Verzeichnisse der DB (1962, 1964). Röhr-Verlag, Krefeld.
  • Film erwähnt in: Irmgard Wilharm: Die verdeckten Spuren des Kalten Krieges im deutschen Unterhaltungsfilm. [Internet-Unterseite (Kapitel 2) des „DHM Magazin“ vom Deutschen Historischen Museum, Berlin]
  • Angaben der Internet-Adressen: Stand 18.12.2000

 

Autor dieser Filmbesprechung: Joachim Biemann
Dank an Heino Ewald, Jürgen Ewald und Ulrich Sauff für wichtige Hinweise und Fotos zu Drehorten des Films
Online: 15.12.2000
Version vom 10.08.2014

 

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