Eisenbahn im Film  –  Rail Movies 
 

 

 

The Great Escape

 

Art: Spielfilm
Produktion: USA 1963
Regie: John Sturges
Farbe: DeLuxe
Laufzeit: 172'
deutscher Verleihtitel: „Gesprengte Ketten“

Darsteller:
Steve McQueen (Captain Virgil Hilts)
James Garner (Flight Lieutenant Bob Hendley)
Richard Attenborough (Squadron Leader Roger Bartlett)
James Donald (Group Captain Rupert Ramsey)
Charles Bronson (Flight Lieutenant Danny Willinski)
Donald Pleasence (Flight Lieutenant Colin Blythe)
James Coburn (Flying Officer Louis Sedgwick)
Hannes Messemer (Von Luger)
David McCallum (Lieutenant-Commander Eric Ashley-Pitt)
Gordon Jackson (Flight Lieutenant MacDonald)
John Leyton (Flight Lieutenant William Dickes)
Angus Lennie (Flying Officer Ives)
Nigel Stock (Flight Lieutenant Cavendish)
Robert Graf (Werner)
Jud Taylor (Goff )

 

Inhalt

– von Manuel Gurtner –

Britische und US-amerikanische Offiziere der alliierten Luftstreitkräfte planen im Frühjahr 1944 den Ausbruch aus einem deutschen Internierungslager in Bayern. In der Folge werden mit großem Aufwand zwei Tunnels (Deckname „Dick“ und „Harry“) gegraben, so dass es trotz der Enttarnung des einen Stollens gelingt, mittels „Harry“ 76 Gefangenen zur Flucht zu verhelfen. Einige der Männer versuchen anschließend, auf dem nächst gelegenen Bahnhof einen Zug in Richtung Schweizer Grenze zu entern. Die inzwischen ausgelöste Großfahndung führt jedoch dazu, dass fast alle der Flüchtigen gefasst und 50 von ihnen liquidiert werden.

Das äußerst spannend und zugleich authentisch inszenierte Fluchtdrama beruht auf dem legendären Massenausbruch alliierter Kriegsgefangener aus dem Internierungslager „STALAG Luft III“ bei Sagan in Oberschlesien in der Nacht vom 24. auf den 25. März 1944.

 

Eisenbahn

– von Manuel Gurtner –

Die eigentlichen Dreharbeiten starteten im Juni 1962. Das im Film „STALAG Luft Nord“ genannte Kriegsgefangenenlager wurde in einem zu den Münchner Bavaria Studios, wo die Innenraum- und auch die Tunnelschacht-Sequenzen entstanden, angrenzenden Waldgebiet des Perlacher Forsts aufgebaut mit der Auflage, dass die deswegen gefällten Bäume hinterher wieder aufgeforstet werden. Die bahn-spezifischen Szenen wurden im Großraum München und im Ostallgäu inszeniert.

Die Neustadt-Sequenz

Nachdem sich außer Bartlett (Richard Attenborough), MacDonald (Gordon Jackson) und Ashley-Pitt (David McCallum) auch Hendley (James Garner) und Blythe (Donald Pleseance), alle getarnt als deutsche Zivilisten, auf dem Inselbahnsteig des fiktiven Bahnhofs „Neustadt“ eingefunden haben, fährt auf Gleis 3 ein Personenzug ein. Als Drehort der ersten Eisenbahn-Szene im Film identifizierte Joachim Biemann bereits im Jahr 2003 den Bahnhof Großhesselohe nahe Geiselgasteig (München), wobei der Zug auf der damaligen Kursbuchstrecke (KBS) 429 München–Holzkirchen aus Richtung Deisenhofen kommt. Hierzu ist auf ein Foto hinzuweisen, das in „Die Baureihe 78“ (Ebel/Knipping/Wenzel, EK-Verlag, Freiburg 1990, Seite 258) publiziert wurde und die im Film verwendete DB-Tenderlok 78 185 (2’C2’h2t, Vulkan 1920) im Bahnhof Großhesselohe im Jahr 1967 zeigt. [JB: Die Lok war vom 29. Juni 1948 bis 28. Mai 1967 im Bw München Hbf beheimatet. Die Zug-Komposition im Film besteht aus einem zweiachsigen Nebenbahn-Packwagen (leichte Einheits-Bauart 1931) und mehreren dreiachsigen Reisezugwagen (vermutlich bayrische i-Bauarten), teils mit offenen Einstiegsbühnen.]

Die Hendley-Blythe-Sequenz

Die Einstellungen mit der Nebenbahngarnitur auf offener Strecke wurden auf der eingleisigen Hauptstrecke München-Mühldorf (damalige KBS 427) gedreht. Zuerst ist der Zug im Abschnitt Markt Schwaben–Hörlkofen (in Fahrtrichtung Mühldorf) zu sehen, kurz vor dem Bahnübergang des Feldweges zum Weiler Dürnberg. Die im Zug spielenden Szenen entstanden hingegen auf der damaligen KBS 429 München–Holzkirchen im Abschnitt Großhesselohe–Deisenhofen (in Fahrtrichtung München). Dazu wurden unter anderem zwei ausrangierte Reisezugwaggons in der Wagenmitte aufgeschnitten, um die notwendigen Platz- und Lichtverhältnisse zu schaffen, welche das Drehen der Innenaufnahmen während der Fahrt erlaubten. Zudem kam ein Chapman-Kamerakran zum Einsatz, der auf einem Niederbordwagen am Schluss des Zuges montiert wurde. Ersichtlich wird dies anhand der Szene, als sich Hendley und der dann nahezu blinde Blythe auf der Einstiegsbühne des hintersten Waggons postieren, um an einer geeigneten Stelle abspringen zu können, wobei sich der Zug hier noch immer im zweigleisigen Abschnitt am Rande von Deisenhofen befindet.

Die nächste Einstellung zeigt dann die hintersten Waggons der Garnitur wieder auf der KBS 427, ziemlich genau zwei Kilometer hinter Markt Schwaben (in Fahrtrichtung Mühldorf). Für den waghalsigen Absprung orientierten sich die beiden Stuntmen an einem dort vorhandenen Kilometerstein. Derweil ist im Hintergrund der Henningbach zu erkennen, welcher an dieser Stelle parallel zum Bahndamm fließt. Die Einstellung nach dem geglückten Absprung zeigt den Zug dann auf der Brücke über die Anzinger Sempt, weiter in Richtung Hörlkofen dampfend.

Die Sedgwick-Sequenz

In Markt Schwaben (nordöstlich von München) klaut Sedgwick (James Coburn) ein Fahrrad und radelt unbehelligt via Speiden (nordwestlich von Füssen) bis zum Bahnübergang Meilingerstraße beim Bahnhof Pfronten-Ried an der Außerfernbahn (damalige Kursbuchstrecke 406e), einer grenzüberschreitenden Nebenbahn von Kempten nach Garmisch-Partenkirchen via Reutte in Tirol. Dort entert er kurzerhand einen auf Gleis 1 wartenden Güterzug, welcher mit der DB-Tenderlok 86 788 (1’D1’h2t, Florisdorf 1942) bespannt ist und kurz darauf in Richtung Kempten dampft. Übrigens wurde die in Frankreich am Fuß der Pyrenäen spielende Episode in Füssen gedreht, wobei sich das Straßencafé „Suzette“ unmittelbar am südlichen Ende der Brücke über den Lech befand.

 

Die Ashley-Pitt-Sequenz

Die dramatischen Bahnsteig-Szenen, welche mit dem tragischen Tod von Ashley-Pitt (David McCallum) enden, entstanden auf dem Kopfbahnhof Füssen, dem Endpunkt der damaligen Kursbuchstrecke 406c, welcher als Kulisse für den Bahnhof „Erzingen“ nahe der Schweizer Grenze fungierte, was mit der Gebäudeanschrift „Zollabfertigung“ und mit einer Schweizerfahne links im Hintergrund angedeutet wird.

Als Bartlett und MacDonald nach dem Passieren der Bahnsteig-Sperre dann im Ortskern einen Überlandbus (Mercedes-Benz O 3500) mit der Richtungsanzeige „Schaffhausen-Zürich Hin–Zurück“ entern wollen, werden sie von der Gestapo enttarnt und nach einem gescheiterten Fluchtversuch verhaftet. Die Drehbuchautoren dürften sich am württembergische Erzingen an der Grenze zum Kanton Schaffhausen im Auge orientiert haben. Der Ort verfügt über einen Durchgangsbahnhof im Zuge der Hochrheinbahn (Basel Bad Bf–Singen), wobei die Staatsgrenze beim Passieren der östlichen Bahnhofsausfahrt überquert wird. Während des Krieges war die Durchreise durch den Kanton Schaffhausen über die damalige Kursbuchstrecke 308 nur mit Reisepass in Kombination mit einem Visum möglich.

Die inzwischen mit der DB-Tenderlok 86 717 (1’D1’h2t, Krupp 1942) bespannte Garnitur – zuvorderst der zweiachsige DB-Packwagen Pwg 118 402– fährt auf Gleis 2 ein, wobei im Hintergrund ein markantes Fabrikgebäude zu erkennen ist, welches wie die Ortsgüteranlage inzwischen längst verschwunden ist.

Derweil steht auf Gleis 1 eine DB-Schlepptenderlok der Baureihe 50 (1’Eh2) mit einem weiteren Reisezug. In Frage kommende Maschinen sind womöglich:

LokHerstellerBaujahrStationierungvonbis
50 859Krauss-Maffei1941Bw Lindau01.07.1959unbekannt
50 2212Borsig1942Bw Buchloe30.06.1959unbekannt
50 2618Schwartzkopff1942Bw Buchloe30.06.1959unbekannt

Es erscheint mir doch bemerkenswert, dass in den drei relativ kurzen Sequenzen nicht weniger als drei unterschiedliche Dampflok-Baureihen zu sehen sind.

 

Weitere Bemerkungen

– von Joachim Biemann –

Weil der Flucht-Tunnel schnell gebaut werden und möglichst wenig Aushub verursachen soll, ist er so niedrig, dass man sich in ihm nur kriechend bewegen kann. Um das schneller bewerkstelligen zu können, bauen die Gefangenen darin ein Schmalspurgleis aus Holz, auf der ein ebenfalls hölzerner flacher Karren mit vier Spurkranz-Rädern läuft. Er wird von den Männern mit Seilen vorwärts oder rückwärts gezogen, nachdem sich jeweils einer der Gefangenen auf ihn gelegt hat.

Die verwendeten Dampflokomotiven zeigen sich im unveränderten DB-Zustand. Modifiziert wurden lediglich die Anschriften am Führerhaus, welche mit einem DR-Adler („Hoheitszeichen“) und der Eigentumsbezeichnung „Deutsche Reichsbahn“ beschildert wurden.

Die Waggons behielten das DB-Logo, das reichlich plump in „DR“ geändert wurde. Die anno 1956 aufgegebene 3. Klasse lebt hier mit den entsprechenden Beschriftungen wieder auf. Außer den oben erwähnten Lokomotivszenen bietet der Film längere Einstellungen aus den „Holzklasse“-Reisezugwaggons. Im Güterzug, dem eine Maschine der Baureihe 86 vorgespannt ist, stört ein unpassender Nachkriegswaggon. Bei den Bahnhöfen sind grobe Unstimmigkeiten sind nicht zu sehen, denn 1962 fiel es leicht, Bahnanlagen zu filmen, die mit ihrem Erscheinungsbild zu der Zeit der Spielhandlung passten. Im Bahnhof „Neustadt“ fallen allerdings die unpassenden Beton-Schwellen auf.

 

 


 

Great Escape: The Untold Story

 

Art: TV-Film
Produktion: USA 1988
Regie: Jud Taylor, Paul Wendkos
Farbe
Laufzeit: 178' (zweiteilig)
deutscher Verleihtitel: „Gesprengte Ketten“

 

Eisenbahn

– von Joachim Biemann –

In einem jugoslawischen Bahnhof trifft ein Reisezug ein, der von einer Dampflok gezogen wird. Die etwas preußisch wirkende (vergleiche die Gattung P 6 der preußischen Staatsbahn KPEV), unter ästhetischen Gesichtspunkten meines Erachtens etwas unharmonisch proportionierte Maschine ist unverwechselbar: eine Schlepptenderlok der Reihe 20 der jugoslawischen Staatsbahnen JZ. Sie ist (jedenfalls nach der mir vorliegenden Video-Aufzeichnung) nicht ohne restliche Zweifel auszumachen. Ihre Betriebsnummer scheint 20-193 zu lauten. Besser sieht es mit zwei der von ihr gezogenen zweiachsigen Reisezugwaggons aus, die sich als 50 72 24-23 237-5 und 50 72 24-23 268-0 identifizieren lassen.

Die jugoslawische 20er

Der Versuch, die Geschichte dieser Loktype in Grundzügen zu skizzieren, trifft auf etliche Angaben in der Literatur, die ungenau, teils sogar widersprüchlich sind. Daher muss ich mich einstweilen auf eine vorläufige Darstellung beschränken.

Von der hier vorzustellenden 1’Ch2 wurden im Zeitraum von 1913 bis 1922 vermutlich 240 Stück gebaut.* Hersteller waren Borsig, AEG, Krauss-Maffei, Rheinmetall und Henschel. Ein erstes Borsig-Baulos kam 1913/14 neu an die Serbischen Staatsbahnen SDZ, wo es die Betriebsnummern 601 bis 623 belegte. 1916 wurden 17 Maschinen dieses Typs als Reihe 860 an die österreichische KuK Heeresbahn geliefert.

    * Zu den drei Loks des Baujahrs 1914 liegt allerdings auch die Angabe vor, sie seien 1916 von Borsig (für Henschel) an die KuKHB geliefert worden. Auch zu den 17 KuKHB-Maschinen von 1916 heißt es, sie seien von Borsig für Henschel produziert worden, als SDZ 624 bis 640 bestimmt gewesen, wegen des Ersten Weltkriegs jedoch nicht mehr dorthin abgeliefert worden. Diese 17 Loks werden aber auch als Henschel-1’Cn2t angegeben, also als Tenderloks (vermutlich nicht zutreffend).

Bis auf drei bereits zuvor ausgemusterte Exemplare wurden die ex-SDZ-Loks (zwei davon waren zwischenzeitlich bei der KuKHB) sowie fünf der an die KuKHB gelieferten Maschinen nach dem Ersten Weltkrieg übernommen von den „Eisenbahnen des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen“ (Zeleznice Kraljevina Srba, Hrvata i Slovenaca, abgekürzt SHS, kyrillisch CXC). Die meisten nicht zur SHS gekommenen KuKHB-Loks verblieben in Polen (PKP, Reihe Ti17) und Rumänien (CFR, Reihe 860).

Erst 1922 kam es zum Weiterbau der 1’C, dann aber richtig: Innerhalb eines Jahres erhielten die SHS nicht weniger als 200 Loks, die man mit Betriebsnummern ab 6001 einreihte. 1933 führte die seit 1929 als „JDZ“ firmierende Staatsbahn ein neues Nummernschema ein, in dem unserer 1’C die Betriebsnummern 20-001 bis 20-225 zugewiesen wurden.

Nachdem das Königreich Jugoslawien 1941 zusammenbrach, wurden die bisherigen 20er-Loks – endgültig im Jahr 1942 – aufgeteilt unter den Kroatischen Staatsbahnen HDZ, den Bulgarischen Staatsbahnen BDZ (dort als 15.01 bis 15.22; diese Betriebsnummern nach dem Zweiten Weltkrieg in Zweitbesetzung belegt durch einen Teil der in Bulgarien verbliebenen Kriegsloks der Reihe 52), den erneut erstandenen Serbischen Staatsbahnen SDZ sowie – einige wenige – den Italienischen Staatsbahnen FS. Zwei der Loks brachte man 1947/48 nach Albanien, wo sie verblieben. Mindestens eine, die 20-208, blieb als Strandgut des Kriegs sogar bei der Deutschen Bundesbahn, wo sie am 13.12.1951 ausgemustert wurde.

Mit der Gründung der „Föderativen Volksrepublik Jugoslawiens“ waren die zwischenzeitlich kroatischen und serbischen 20er (und natürlich nicht nur diese) wieder in einer Bahnverwaltung vereinigt, nämlich bei der JDZ (später nur noch JZ abgekürzt). Dort waren die letzten Exemplare in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre noch unter Dampf, besonders im Raum Sid.

Ein Werkbild der AEG-Lok 6143 (spätere 20-143) finden Sie bei Bahnen im Rheinland.

 

Autoren dieser Filmbesprechungen: Manuel Gurtner und Joachim Biemann (Produktion USA 1963) sowie Joachim Biemann (Produktion USA 1988)
Online: 30.12.2000
Version vom 10.08.2014

 

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