Europas Bahnen im Spiegel ihrer Perspektiven:
Mainzer Filmreise in die Zukunft
Wie kann man etwas zeigen, was es noch gar nicht gibt? Vor dieser Frage standen die Mainzer Filmemacher der
Deutschen Bundesbahn, als sie den neuen Film über den europäischen Hochgeschwindigkeitsverkehr planten. Denn in
der Drehbuchphase und beim Drehen selbst fuhr zum Beispiel noch kein fahrplanmäßiger ICE.
Also mußte filmisch eine gesamteuropäische Wirklichkeit vorweggenommen werden, die auch heute noch
unvollständig ist. Mit dem „Split-Screen“ war das Stichwort für die konzeptionelle Lösung, eine
raffinierte und symbolhaltige Bildteilung, gegeben. Dazu: Computer-Trick. Mit einer solchen collageartigen Technik lassen
sich interessante bildliche und gedankliche Verbindungen schaffen. Da die Perspektiven des gesamteuropäischen
Hochgeschwindigkeitsverkehrs aufgezeigt werden sollten, öffneten die ausländischen Bahnen den deutschen
Filmemachern ihre Archive.
Danach ging es um die Organisation für die Dreharbeiten in Deutschland. Da der ICE noch im Test fuhr, war das
Kamerateam darauf angewiesen, sich auf bestimmte Strecken zu beschränken. Es gab auch noch keinen Fahrplan, was
bedeutete, daß von einem zum anderen Tag neu disponiert werden mußte. Das größte Problem aber
bestand darin, daß die planmäßige Integration des ICE in den neuen Fahrplan bevorstand. Es herrschte
eine verständliche Nervosität bei allen Verantwortlichen – aber nicht etwa wegen der Filmaufnahmen.
Auch die Darsteller waren inzwischen gefunden: Reisende im ICE, vom Baby über einen Rollstuhlfahrer,
Geschäftsleute, Rucksacktouristen, Rentner, alles bunt gemischt, für den ganzen Zug – inklusive der Aufnahme
im BordRestaurant.
Die Dreharbeiten begannen noch im März ’91. Gefilmt wurde im neuen ICE-Betriebswerk in Hamburg-Eidelstedt; die
Innenaufnahmen im ICE entstanden auf der Strecke Hamburg–Ulm–Hamburg, die Außenaufnahmen in Kirchheim,
Langenschwarz, Fulda, München; dazu Hubschrauberaufnahmen von der Strecke Kassel–Fulda und Stuttgart–Mannheim.
Nach Abschluß der Dreharbeiten wurde das gesamte Material ausgemustert [!], und es begann der Schnitt. Aufgrund
der komplizierten Videotechnik, der Bildteilungen und Tricks dauerte das so seine Zeit. Im Mai fanden dann noch
Außenaufnahmen bei der Polnischen Staatsbahn PKP, die über kein geeignetes Material verfügte, statt. Dort
wurde auf Ausbaustrecken gefilmt. Auch hier gibt es schon einige Züge, die mit erhöhter Geschwindigkeit fahren.
Dann wurde der Film fertiggestellt und durch die Deutsche Bundesbahn abgenommen.
Und seit dem 1. Oktober 1991 ist dieser Film im kostenlosen Verleih der DB. Er hat sich mittlerweile zu einem
echten Renner entwickelt: Über 600 Vorführungen auf VHS-Cassetten und auf 16 mm-Filmkopien hat er bereits jetzt
„auf dem Buckel“. Die Resonanz ist durchweg positiv. Viele Zuschauer wissen jetzt, was Europas Bahnen für
die Zukunft planen und bauen. Der Film stößt auch „vor Ort“ auf Verständnis, also dort, wo gebaut
werden soll. Und bei manchem Zuschauer hat er auch „Nachdenklichkeit“ hinterlassen. Schon das signalisiert:
Europas Bahnen haben Zukunft.
Übrigens: Die Filme der Deutschen Bahnen kann man kostenlos ausleihen. Adresse: [folgt in dem Artikel; hier nicht
wiedergegeben, da die Leihmöglichkeit nicht mehr besteht. Es handelt sich um eine Adresse in Mainz, daher der Titel
des Artikels.]
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