Eisenbahn im Film – Rail Movies |
... und führe uns nicht in Versuchung
Art: Spielfim
Horváths SchauspielSchauspiel in sieben Bildern
„Thomas Hudetz, Bahnhofsvorsteher in einem größeren Dorf, unglücklich verheiratet mit einer dreizehn Jahre älteren, krankhaft eifersüchtigen Frau, wird von Anna, der hübschen Dorfwirtstochter, in ein Gespräch verwickelt, und, ehe er sich’s versieht, von ihr geküßt – gerade in dem Augenblick, da er ein Signal hätte betätigen sollen. Ein Eilzug rast am Bahnhofsgebäude vorbei und stößt gleich darauf mit einem Güterzug zusammen. Frau Hudetz, Augenzeugin des verhängnisvollen Kusses und der Folgen – achtzehn Fahrgäste sind ums Leben gekommen – sagt vor Gericht gegen ihren Mann aus, Anna aber schwört unter Eid, daß der Bahnhofsvorsteher das Signal rechtzeitig betätigt habe. Freigesprochen, wird der heimkehrende Hudetz von seinen Mitbürgern als Unschuldiger gefeiert. Anna, die sich mehr zu Hudetz als zu Ferdinand, ihrem Verlobten, hingezogen fühlt, bittet den Bahnhofsvorsteher um eine Zusammenkunft am folgenden Abend. An einem entlegenen Ort gesteht die von Gewissensnöten heimgesuchte Wirtstochter, daß sie aus dem Leben scheiden wolle. Hudetz, der jede Schuld am Unglück abstreitet, vollzieht mit ihr die ‚Verlobung‘, die sie beide, unbewußt, schon früher herbeigewünscht hatten. In der Umarmung tötet Hudetz, halb wie im Traum, die am Leben verzweifelnde Wirtstochter und flieht. Während die Geister zweier Opfer des Zugunglücks Hudetz zum Selbstmord zu überreden versuchen, beschwört der Geist Annas ihn, weiterzuleben, und Hudetz stellt sich, seiner Schuld inne werdend, dem Gericht. [...]“ [Kindlers neues Literatur-Lexikon, Band 8. München (Kindler Verlag) 1988. Seiten 67 f.]
„‚Der jüngste Tag‘, Horváths Verständnis von Gott. Im Jahr 1936 schließt Horváth das Schauspiel ‚Der jüngste Tag‘ ab. Dieses Stück spiegelt in der Charakterisierung der Hauptperson Thomas Hudetz autobiographische Züge wieder: Hudetz wird von einer älteren Frau verführt und beherrscht. Dieses Verhältnis hat Horváth selbst erlebt, als er als siebzehnjähriger in Budapest von einer verheirateten Frau verführt wurde. Das Schauspiel verdeutlicht auch seinen religösen Wandel: Früher zeichnete der Autor in seinen Werken stets ein negatives Bild von Gott und der Kirche, aus der er bereits 1929 ausgetreten war. Jetzt wendet er sich den Themen Schuld, Sühne und sittliche Verantwortung zu. Und in den Notizen zu einem geplanten Roman finden sich folgende Sätze: ‚Ich glaube nämlich an Gott. Ich glaube, daß es etwas gibt, das uns lenkt. Ich glaube, daß es einen Herrn des Zufalls gibt.‘[...]. Doch diese Sätze zeigen auch, daß sich bei Horváth zwar ein religiöser Wandel vollzogen hat, er aber nicht zum traditionellen Christentum zurückkehrt.“ [http://www.schwaben.de/home/fsg/referate/oedoen.htm]
Der Film„Ein Bahnhofsvorsteher in einem abgelegenen Dorf in den Bergen, der im Krieg und der unmittelbaren Nachkriegszeit viel hat durchmachen müssen, hat ein Zugunglück verschuldet. Durch den Meineid einer jungen Frau, die später seine Geliebte und zweite Ehefrau wird, wird er vor Gericht entlastet, stellt sich aber am Ende freiwillig der Gerechtigkeit. Die Regie verflacht die literarische Vorlage Ödön von Horwaths, ein sozialkritisches Gewissensdrama, zum larmoyanten Melodram in der Manier des deutschen ‚Problemfilms‘ der 50er Jahre.“ [Lexikon des Internationalen Films, Band „T-U“. Reinbeck bei Hamburg (Rowohlt) 1995. Seite 5932.]
EisenbahnZeitangaben sind nur als ungefähre Anhaltspunkte zu verstehen.
Autor dieser Filmbesprechung: Joachim Biemann
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