Eisenbahn im Film – Rail Movies |
Die „Kino-Bahn“Von Manuel Gurtner
Abgesehen von der Sierra Railroad (siehe dazu das EiF-Extra-Info) im US-Bundesstaat Kalifornien sowie der britischen Museumsbahn „Nene Valley Railway“ (siehe dazu auch „Octopussy“) existiert weltweit wahrscheinlich nur noch eine normalspurige Bahnlinie, auf welcher über einen Zeitraum von fast 40 Jahren dermaßen viele Kino- und TV-Filme entstanden. Es handelt sich dabei um die stillgelegten und größtenteils aufgelassenen Teilstrecken der in der italienischen Provinz Viterbo gelegenen „Ferrovia dei Due Mari“ zwischen Civitavecchia und Orte. Die StreckeDie Sekundärbahn Civitavecchia–Capranica stellte das erste Teilstück von 48,949 Kilometern Länge dar, welche zusammen mit dem zweiten Teilstück Ronciglione–Orte (Länge 29,299 Kilometer) wiederum den westlichen Abschnitt der als „Ferrovia dei Due Mari“ propagierten Transversal-Linie bildete. Sie ihrerseits sollte die Hafenstadt Civitavecchia an der thyrrenischen Küste mit dem Adriahafen von Ancona verbinden. Das aus dem Jahr 1892 stammende Projekt diente vornehmlich der Anbindung der Stahlhütten von Cerni sowie der Papiermühlen von Fabriano an das Schienennetz, wobei im Zuge der Strecke Rom–Viterbo mit der Eröffung der Verbindungslinie Capranica–Ronciglione am 30. April 1894 bereits die erste Etappe von 7,561 Kilometern dem Betrieb übergeben werden konnte. Dieser Abschnitt diente vornehmlich dem Abtransport von Eisenerz. Es sollten noch 35 (!) Jahre ins Land gehen, bis dann am 28. Oktober 1929 die gesamte Strecke zwischen Civitavecchia und Orte mit einer Länge von 85,805 Kilometern durchgehend befahren werden konnte. Die eingleisige und topographisch anspruchsvolle Linienführung wies Minimal-Kurvenradien von 300 Metern und eine Maximal-Steigung von 25 Promille auf, weshalb die Höchstgeschwindigkeit auf 60 Stundenkilometer beschränkt blieb. Nebst den 13 Stationen und Haltestellen wurden zahlreiche Kunstbauten verwirklicht,
welche 12 Tunnel und folgende Brücken (Ponti) und Viadukte (Viadotti) umfasste;
die Höhen-Angaben beziehen sich auf die Höhe Schienenoberkante über dem Gelände:
Der VerkehrDie Nebenlinie Civitavecchia–Capranica–Orte blieb von Beginn weg auf ihre rein lokale Bedeutung beschränkt und wies zu keiner Zeit auch nur den Bruchteil des Verkehrs auf wie die wesentlich günstiger trassierte, zweigleisige Transversal-Magistrale (Civitavecchia–) Rom–Orte (–Ancona). Die wenigen Güterzüge wurden in der Regel von Schlepptenderloks der FS-Baureihe 735 und 740 vom Typ „Consolidaton“ (Achsfolge 1’D) befördert, während den Personenzügen die Tenderloks der FS-Baureihen 880 und 905 vom Typ „Mogul“ (Achsfolge 1’C) vorgespannt waren. Bereits am 15. Juli 1936 tauchten jedoch im Eilzugverkehr (Viterbo–) Capranica–Civitavecchia die ersten FS-Dieseltriebwagen vom Breda-Typ ALn 556 auf – besser bekannt als „Littorina“ (die Bezeichnung „ALn“ steht für „Automotrice Leggiera nafta“ = Dieseltriebwagen). Gleichzeitig wurden aus strategischen Gründen die ersten sechs Kilometer von Civitavecchia in Richtung Capranica mit 3000 Volt Gleichstrom elektrifiziert, um einerseits die Militärtransporte des unweit von Aurelia kasernierten „1º Reggimento Bersaglieri“ befördern und andererseits die dortigen Aluminiumwerke effizienter bedienen zu können. In einem zeitgenössischen Filmdokument ist übrigens Italiens Diktator Benito Mussolini zu sehen, wie er zusammen mit Guglielmo Marconi 1) nach der Ankunft des Sonderzuges auf dem Bahnsteig von Aurelia posiert. Noch im selben Jahr 1936 verkehrte jeweils an den Werktagen morgens und abends ein direkter Pendlerzug von Aurelia nach Roma Ostiense, welcher von einer FS-Elektrolok der Baureihe 626 (Achsfolge Bo’Bo’Bo’) befördert wurde. Ab 1939 wurde diese Verbindung dann mit FS-Dieseltriebwagen des Breda-Typ ALn 880 gefahren, so dass die Umsetzmanöver in Aurelia entfielen.
Während des Zweiten Weltkrieges verringerte sich der Personenverkehr auf ein Minimum, und die eingesetzten Dieseltriebwagen verkehrten aus Treibstoffmangel mittels Dampftraktion. Die Triebwagen wurden wie gewöhnliche Waggons mitgeschleppt, wobei die zunehmenden Bombardierung der „Cäsar-Linie“ 2) durch die Alliierten in der Folge dazu führte, dass der Betrieb wegen diverser Zerstörungen an den Kunstbauten vollständig eingstellt werden musste. Obwohl das zuständige Ministerium die Linie weiterhin als Sekundärbahn behandelte, wurden alle kriegsbedingten Schäden relativ rasch behoben, so dass in der Nachkriegszeit der nach wie vor karge Personenverkehr mittels FS-Dieseltriebwagen vom Fiat-Typ ALn 56 weitergeführt werden konnte, welche aber nur die 3. Klasse führten. 1955 wurde dann auch der Eilzugkurs zwischen Viterbo (Porta Fiorentina) und Civitavecchia reaktiviert, wobei dieser Komposition eine Schlepptenderlok der FS-Baureihe 625 vom Typ „Mogul“ (Achsfolge 1’C) des Depot Viterbo vorgespannt war.
Das EndeObwohl in dieser Zeit die Passagierzahlen erstaunlicherweise ständig zunahmen, waren diverse Bestrebungen in Gange, den nach wie vor unrentablen Abschnitt Civitavecchia–Capranica stilllegen zu lassen, was wiederum zu Protestaktionen von seiten der lokalen Bevölkerung führte. Ein von starken Niederschlägen ausgelöster Erdrutsch im Januar 1961 beim Portal des Centocelle-Tunnel (Streckenkilometer 13,2) im Abschnitt Allumiere und Mole del Mignone bedeutete dann für das Transportministerium ein willkommener Anlass, die schon länger geplante Umstellung auf Busbetrieb etappenweise in die Tat umzusetzen, so dass der fahrplanmäßige Betrieb schließlich auf das Teilstück Capranica–Orte beschränkt blieb. Dort wurde der Personenverkehr ab 1965 mittels FS-Dieseltriebwagen vom Fiat-Typ ALn 668 abgewickelt, während die Güterzüge ab Mitte der 1970er Jahre von Dieselloks der FS-Baureihen 343 und 345 (Achsfolge Bo’Bo’) übernommen wurden. Die FilmeNachfolgend eine Aufstellung von Kino-Produktionen in zeitlicher Reihenfolge und mit Hinweisen bezüglich der Eisenbahn-Drehorte:
Autor dieses Beitrags: Manuel Gurtner
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