Eisenbahn im Film – Rail Movies |
Krakatoa, East of Java
Art: Spielfilm
InhaltHolländisch-Ost-Indien anno 1883: Im Hafen von Singapore liegt die „Batavia Queen“ von Kapitän Hanson (Maximilian Schell), welche nach der – notabene westlich von Java gelegenen – Vulkaninsel Krakatau auslaufen soll, um den Perlenschatz eines dort gesunkenen Schiffes zu bergen. Derweil rangiert auf dem Kai eine Tenderlok mit Satteltank der schmalspurigen „Singapore Government Railway“.
Stichwort „Special Effects“Obschon sich die melodramatische Handlung auf den historischen Vulkanausbruch vom 26. August 1883 in der Sunda-Straße bezieht und auch die internationale Starbesetzung sich redlich bemüht, kann der Spannungsbogen aufgrund der diversen Handlungsstränge nicht durchwegs aufrecht erhalten werden. Gleichwohl vermögen die zahlreichen Spezialeffekte zu überzeugen und wirken äußerst beeindruckend. Weil die gesamte Produktion in Spanien über die Bühne ging, zeichnete einmal mehr Altmeister Eugène Lourié für die Entwürfe und Umsetzung der aufwendigen „Special Effects“ – beispielsweise die gewaltige Eruption des Vulkans oder die gigantische Flutwelle – hauptverantwortlich und begann bereits in einem Stadium mit deren Planung, als noch gar kein brauchbares Drehbuch vorhanden war. Die „Batavia Queen“Im Hafen von Bilbao fand sich zunächst ein geeignetes Schiff, welches im Film als „Batavia Queen“ fungieren sollte. Es handelte sich dabei um einen Schraubendampfer mit Baujahr 1880, der in England vom Stapel gelaufen war und für den Transport von Fracht und Passagieren verwendet wurde. Eugène Louriés Assistent Fernando Gonzalez bekam in der Folge den Auftrag, das Schiff so exakt wie möglich zu vermessen, um anhand der Werte zwei wirklichkeitsgetreue Miniaturen konstruieren zu können. In der Folge wurden zwei Schiffsmodelle hergestellt. Zum einen handelte es sich um ein hochdetailliertes Exemplar im Maßstab 1:10 mit einer Länge von knapp 5,5 Metern, welches vor allem für Nahaufnahmen verwendet wurde. Zum anderen dann ein kleineres Modell im Maßstab 1:20, das bei Aufnahmen mit der Modell-Landschaft in der Totalen zum Einsatz kam, beispielsweise beim Anlaufen der Vulkaninsel. Die Konstruktion des größeren Schiffmodells wurde vom erfahrenen Modellbauer Charles-Henri Assola geleitet, welcher schon 1965 bei Andrew Marton „Crack in the World“ mit Lourié zusammengearbeitet hatte und damals für die Modellbauten der Rakete und deren gigantische Startrampe verantwortlich zeichnete. Zudem waren unter seiner Hand bereits die motorisierten Panzerminiaturen für den im gleichen Jahr und ebenso in Spanien gedrehten Kriegsfilm „Battle of the Bulge“ entstanden. Das 1:10-Modell der „Batavia Queen“ verblieb nach den Dreharbeiten während der nächsten Jahre in Besitz von Juan Piquer Simón, wobei dieser in der Folge die Daganzo-Filmstudios aufkaufte. Damit wechselte auch das von Basilio Cortijo äußerst aufwendig gestaltete Modell einer indonesischen Hafenstadt den Besitzer, welche bis dahin zum Inventar von Philip Yordan – seines Zeichens ausführender Produzent von „Krakatoa“ – gehörte hatte, wobei ein Teil der umfangreichen Häusermodelle auch in „El Hombre de Río Malo“ (1971) und „Pánico en el Transiberiano“ (1972) verwendet worden waren. Das Großmodell der „Batavia Queen“ wurde 1981 von Gonzalo Gonzalo nochmals generalüberholt, um im Genre-Streifen „Misterio en la Isla de los Monstruos“ eingesetzt werden zu können. 1985 wurde sowohl das Schiffsmodell als auch die Miniatur-Hafenstadt durch ein Feuer vollständig zerstört. Kulissen und blühende (Modell-)LandschaftenIn Madrid wurden für die im Schiffsinnern spielenden Szenen in den Samuel-Bronston-Filmstudios nebst einem voll funktionsfähigen Kesselraum auch die Kommandobrücke, die Kabine des Kapitäns sowie weitere Räumlichkeiten der Batavia Queen nachgebaut. Dank einer hydraulischen Vorrichtung konnten diese Kulissen in alle Richtungen bewegt werden, um den teilweise drastischen Wellengang während der Sturmfahrt realistisch simulieren zu können. Hingegen entstanden in den Madrilener Studios der „Sevilla Films“ sämtliche Szenen, welche mittels dem Blue-Screen-Verfahren gedreht werden mussten, damit die Darsteller in Kombination mit der erwähnten Modell-Landschaft aufgenommen werden konnten. Die eindrückliche Episode mit dem Fesselballon beim Überfliegen des Vulkankegels wurden schließlich auf dem Außengelände der Römer Cinecittá-Studios inszeniert. Um das Innere des Kraters authentisch darstellen zu können, waren massive Erdbewegungen nötig, wobei sich Louriés Team den praktischen Umstand zunutze machte, dass zu der Zeit (1966) unweit des Studiogeländes an der U-Bahn-Linie A in Richtung Anagnina gebaut wurde. Während Manuel Berenguer, welcher ebenfalls schon mit Eugène Lourié zusammen an „Crack in the World“ gearbeitet hatte, als Hauptkameramann fungierte, oblag Alex Weldon die Herstellungsleitung.
EisenbahnDènia an der „Costa Blanca“ diente als Drehort für die im Hafen von Singapore spielenden Szenen, wobei sich diese insofern verteuerten, als in London ansässige Chinesen als Komparsen verpflichtet werden mussten. Historisch fragwürdig bleibt hingegen die auf dem Hafengeleise rangierende Tenderlok angesicht der Tatsache, dass Singapores erste Inselbahn erst anno 1903 als meterspurige „Singapore Kranj Railway“ den Betrieb aufnahm. Bei der gezeigten Satteltank-Maschine handelte es sich um Tenderlok Nº 6 (Achsfolge 2’B, Black Hawthorn 1881) von der ab 1965 durch die staatliche FEVE betriebenen Meterspurbahn Carcagente–Denia. Deren Restverkehr wurde am 11. Februar 1974 endgültig eingestellt, derweil die im Volksmund als „Trenet de la Marina“ bezeichnete Fortsetzung von Denia nach dem 93 Kilometer entfernten Alicante inzwischen von der Ferrocarrils de la Generalitat Valenciana (FGV) betrieben wird.
Autor dieser Filmbesprechung: Manuel Gurtner
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