Eisenbahn im Film  –  Rail Movies 
 

 

 

 

North by Northwest

 

Art: Spielfilm
Produktion: USA, 1959
Regie: Alfred Hitchcock
Farbe: Technicolor
Laufzeit: 136'
deutscher Verleihtitel: „Der unsichtbare Dritte“

 

Inhalt

Der New Yorker Werbefachmann Roger Thornhill (Cary Grant) – von der Polizei als mutmaßlicher Mörder gesucht und von einem ausländischen Spionagering unter der Führung von Phillip Vandamm (James Mason) als vermeintlicher Agent gejagt – flieht mit dem Nachtzug nach Chicago. Dabei trifft er auf Eve Kendall (Eva Marie Saint), die nicht nur Vandamms Geliebte ist, sondern auch als Agentin der US-Spionageabwehr fungiert. Am Ende reisen die beiden im Schlafwagenzug in die Flitterwochen, weshalb die dazumal symbolträchtige Schlusseinstellung die Einfahrt in einen Tunnel zeigt.

 

Eisenbahn

Nachdem Thornhill am Ticketschalter Nº 15 des New Yorker Grand Central Terminal vergeblich versucht hat, eine Schlafwagenkarte zu ergattern, mogelt er sich notgedrungen an der Bahnsteigsperre vorbei auf den roten Teppich von Gate 34 und entert kurzerhand den Schlafwagen Nº 3901 des „Twentieth Century Limited“. Im Seitengang trifft er auf Eve Kendall, die den Held in der Folge davor bewahrt, von den Polizei gefasst zu werden, welche den Zug kurz vor der Abfahrt durchkämmt. Diese Szenen sowie später die Fahrt entlang des Hudson River beziehungsweise die Aufnahmen für die mittels Rückprojektion gedrehten Speisewagen-Szenen und schließlich die Ankunft anderntags in der LaSalle Street Station von Chicago wurden an den Original-Schauplätzen gedreht.

Zwischen New York und Chicago

Jeweils um 18:00 Uhr startete der 900 Tonnen schwere Pullmanzug der New York Central (NYC) zu seiner knapp sechszehnstündigen Fahrt über die bis Albany viergleisige „Water Level Route“ in Richtung Chicago, wobei die Komposition zuerst durch den 3,2 Kilometer langen Park-Avenue-Tunnel und dann nochmals 50 Kilometer bis Harmon elektrisch gefördert wurde – womöglich von einer der imposanten NYC-Elektroloks vom Typ P2a – Achsfolge (2’Co)(Co2’) –, welche den 660-Volt-Gleichstrom über seitliche Stromschiene aufnahmen.

Der Entschluss zur Elektrifizierung des Grand Central Terminal und dessen unterirdische Zufahrtstrecken ging auf ein Dekret der Stadt New York von 1908 zurück, welches den Einsatz von Dampfloks südlich des Harlem River aufgrund von Abgas- und Sicherheitsproblemen verbot. In Harmon-Croton erfolgte dann der Traktionswechsel, wobei 1959 anstelle der berühmten Stromlinien-Schlepptenderloks der Klasse J3a vom Typ „Hudson“ (Achsfolge 2’C2’) schon längstens die Dieseltraktion dominierte.

Während Eve Kendall – nicht ganz zufällig – zusammen mit Thornhill im Speisewagen diniert, kommt ein imposantes Brückenbauwerk ins Blickfeld, welches den Hudson River überspannt und im Laufe der Dialogszene auch vom Expresszug unterquert wird. Es dürfte sich dabei um die Kingston-Rhinecliff Bridge handeln, welche erst im Jahr zuvor (1958) eröffnet worden war. Kurz darauf bewahrt Eva Maria Saint ihren Schützling nochmals vor dem Zugriff durch das FBI, indem sie Cary Grant Unterschlupf gewährt. Anhand der Abmessungen von Abteil E und dessen Bettenanordnung sind berechtigte Zweifel angebracht, ob es sich tatsächlich um eines der beiden Drawing Rooms handelt. Die in den MGM-Studios nachgebaute Kulisse scheint sich eher an einem Double Compartment zu orientieren, welches ebenfalls über einen separaten Waschraum mit WC verfügte. Später fährt der Fernschnellzug entlang des Hudson in die abendliche Dämmerung hinein, wobei für diese Szene eine Kamera im Endwagen vom Typ „Observation Lounge Car“ postiert wurde.

Anschließend folgt ein Schnitt, als der Streamliner anderntags nach seiner Fahrt über eine Distanz von 1540 Kilometern gegen 10:00 Uhr in den Kopfbahnhof LaSalle Street Station der Chicago, Rock Island & Pacific einläuft. Ganz kurz ist die imposante A-Unit an der Spitze des „Century“ zu sehen: Eine dieselelektrische Schnellzuglok vom EMD-Typ E8A (Achsfolge Co’Co’, Serie Nº 4036 bis Nº 4095) im klassischen NYC-Livrée, deren beleuchtete Anzeige die Loknummer 4044 zeigt. Obwohl Thornhill – getarnt in der Uniform eines zuvor bestochenen Gepäckträgers – mit Eve Kendall am Zug entlanggeht und so die am Ende des Bahnsteigs wartenden Polizeibeamten düpiert, kann die restliche Zusammensetzung der A- und B-Units nicht weiter verifiziert werden.

Unter den eingereihten NYC-Schlafwagen lässt sich hingegen Waggon Nº 10006 namens „Imperial State“ ausmachen, welcher 1939 von Pullman-Standard geliefert worden war und neben zwei der erwähnten Drawing Rooms vier Abteile vom Typ Single Compartment sowie vier Double Bedrooms aufwies. Mit dem Niedergang des schienengebundenen US-Fernverkehrs zu Beginn der 1960er Jahre veräußerte auch die New York Central einen Teil ihrer Schlafwagen-Flotte, weshalb der „Imperial State“ 1962 an die Illinois Central veräußert wurde. Nach der endgültigen Außerdienststellung landete der Waggon 1968 auf dem Schrottplatz der Chicagoer Firma Luria Brothers, wo der einst stolze Pullman-Schlafwagen zwei Jahre später dem Schneidbrenner zum Opfer fiel.

Die Schlusseinstellung

Geografisch etwas abwegig zeigt die Endeinstellung wahrscheinlich den Zug Nº 99 „Coast Daylight“ der Southern Pacific (SP) – geführt von einer EMD-Dieselmaschine vom Typ FP7 (Achsfolge Bo’Bo’) im so genannten „Black Widow“-Farbkleid in der Reihung A+B-Unit – bei der Einfahrt in den Santa-Susana-Tunnel unweit von Chatsworth (siehe dazu auch Invasion of the Body Snatchers) auf seinem Weg von Los Angeles nach San Francisco. Die Aufnahme entstand somit bei Tageslicht unter Verwendung einer Nachtblende und zwar am Westportal von Tunnel Nº 26, wobei sich der Regisseur den Umstand zunutzte machte, dass wegen der 2245,46 Meter langen Tunnelpassage die Waggonbeleuchtung eingeschaltet ist.

Gemäß der Filmhandlung spielt die vorangehende Szene im Schlafwagen-Abteil der frisch vermählten Thornhills auf ihrem Weg in die Flitterwochen. Demzufolge in Frage kommende Fernzüge der SP ab Chicago waren dazumal entweder der „City of San Francisco“, welcher über die „Overland Route“ nach Oakland (– San Francisco) verkehrte oder aber der „Golden State“ via Kansas City und El Paso nach Los Angeles.

 

Autor dieser Filmbesprechung: Manuel Gurtner
Online: 05.08.2002
Version vom 03.07.2008
html-Status: 16.10.2009

 

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