Eisenbahn im Film – Rail Movies |
Night Train to Munich
Art: Spielfilm
InhaltNach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in die Tschechoslowakei im Zuge der Sudetenkrise setzt sich der Prager Rüstungsexperte Dr. Bomasch (James Harcourt) mit dem letzten Flugzeug nach England ab, derweil seine Tochter Anna (Margaret Lockwood) abgefangen wird und in einem Konzentrationslager landet. Der dort auf Anna angesetzte Nazi-Agent Karl Marsen (Paul Henreid) verhilft ihr in der Folge zur (fingierten) Flucht nach England, wo es ihm via Anna gelingt, Bomasch aufzuspüren und beide mittels U-Boot nach Deutschland zu entführen. Daraufhin wird der britische Geheimdienstmann Dickie Randall (Rex Harrison) als Wehrmachtsoffizier nach Berlin eingeschleust mit dem Plan, Bomasch und Anna aus den Fängen des Reichssicherheitsamtes zu befreien. Als der für die Flucht vorgesehene Charterflug nach dem Überfall auf Polen sistiert wird, entschließt sich Randall kurzerhand, mit dem Nachtzug nach München zu reisen – fatalerweise mit Marsen als Eskorte – und von dort aus in die neutrale Schweiz zu gelangen.
AllgemeinDieser fast durchwegs überzeugende Antinazi-Thriller der Gaumont-British spielt im Zeitraum zwischen dem 15. März 1938 und dem 3. September 1939. Bereits die erste Einstellung auf dem Obersalzberg entstand mittels einer detaillierten und authentisch wirkenden Modelllandschaft. Es folgen Wochenschau-Aufnahmen vom Anschluss Österreichs und später bei der Okkupation der Tschechoslowakei. Aufgrund der wenigen Außenaufnahmen konnten der Großteil der Handlung in den Londoner Lime Grove Studios wie üblich mittels Rückprojektionstechnik, Archivmaterial sowie Kulissen- und Modellbauten realisiert werden. Im Gegensatz dazu schuf Carol Reed knapp zehn Jahre später mit „The Third Man“ (GB 1949; deutscher Verleihtitel „Der dritte Mann“) nicht nur sein unbestrittenes Meisterwerk, sondern einen der besten Kinofilme überhaupt, gedreht zu großen Teilen am Originalschauplatz im Wien der Nachkriegszeit.
EisenbahnZu Beginn zeigt ein Blick von Dr. Bomasch aus dem Bürofenster seiner Rüstungsfabrik ein Eisenbahngeschütz ähnlich dem Krupp-Typ K5 „Leopold“, welches über das Werksgelände rangiert wird, wobei diese Einstellung mittels großformatiger Modelle realisiert wurde. Der titelgebende Nachtzug nach München verkehrt gemäß dem Zuglaufschild „Berlin Potsd. Bf* – Halle – Lichtenfels – Nürnberg – München West**“ über die Saalbahn und weiter via die Frankenwaldbahn nach der bayrischen Landeshauptstadt, wobei dazumal beide Hauptstrecken durchgehend zweigleisig waren und der Abschnitt Saalfeld–Nürnberg zudem bereits elektrifziert. Der Zug wird nur einmal in der Totalen gezeigt, als die dampfgeführte Garnitur auf der notabene eingleisigen Strecke in einen Tunnel einfährt. Diese ebenfalls mit einem großspurigen Modellzug gedrehte Einstellung stammt in der Tat aus dem Quasi-Vorgänger „The Lady Vanishes“ (GB 1939) von Alfred Hitchcock, ebenso die Bahnhofskulisse der fiktiven Unterwegsstation „Kurtbaden“, wo unter anderem zwei britischen Mitreisenden namens Charters und Caldicott von der zackigen Stationsvorsteherin (!) der Marsch geblasen wird. In beiden Filmen war Maurice Carter als Assistant Set Designer bzw. Assistant Art Director involviert.
Alte BekannteDass „Night Train to Munich“ als inoffizielle Fortsetzung von „The Lady Vanishes“ betrachtet wird, beruht auf folgenden Gemeinsamkeiten mit dem besagten Hitchcock-Streifen. Beide Filme wurden von Gaumont-British Picture produziert. Beide Drehbücher stammen vom Autorengespann Sidney Gilliat und Frank Launder, bekannt für ihre mitunter eisenbahnlastigen Szenarien. In beiden Filmen ist Margaret Lockwood in der weiblichen Hauptrolle zu sehen. Aber vor allem sind die erwähnten Charaktere „Charters“ und „Caldicott“ wieder mit von der Partie, wobei das spleenige Duo wiederum von Basil Radford und Naunton Wayne gespielt wird, welche für eine gehörige Portion schwarzen Humors sorgen.
Autor dieser Filmbesprechung: Manuel Gurtner
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