Eisenbahn im Film – Rail Movies |
Giù la testa
Art: Spielfilm
InhaltDer Wegelagerer Juan Miranda (Rod Steiger) und der aus Irland geflohene Sprengstoffexperte Sean Mallory (James Coburn) raufen sich zusammen, um während den Revolutionswirren im Mexiko von 1913 die Staatsbank in Mesa Verde auszurauben. In der Folge steigt Juan eher unfreiwillig zum Revolutionshelden auf und macht sich damit den fanatischen Colonel Gutierrez (Domingo Antoine) zum Erzfeind. Das bildgewaltige Revolutions-Epos – mit einem immensen Aufwand produziert und dennoch virtuos inszeniert – bildet den mittleren Teil von Sergio Leones „America-Trilogie“ und überzeugt unter anderem auch durch die authentisch wirkenden Eisenbahn-Epsioden.
EisenbahnDie Ankunft des Zuges auf dem Bahnhof von „Mesa Verde“ sowie die Szene auf dem Bahnhofsvorplatz wurde in der Provinzhauptstadt Almeria gedreht, welche über ein stattliches Empfangsgebäude verfügt, das heute unter Denkmalschutz steht. Sämtliche danach in der Stadt spielenden Sequenzen entstanden hingegen in Guadix (Granada), dessen Bahnhof wiederum als Kulisse für Damianis Italo-Western „¿Quien Sabe?“ (1966) fungiert hatte und noch Ende der 1980er Jahre für „Indiana Jones and the Last Crusade“ als Schauplatz diente. Noch ein Detail am Rande: Um den schwerbewachten Haupteingang der Bank von Mesa Verde freisprengen zu können, lässt Miranda seinen jüngsten Sprössling einen Spielzeugzug – von Mallory zuvor mit Dynamit und brennender Lunte präpariert – direkt neben dem Portal deponieren. Des weiteren wurde auf der 52 Kilometer langen Nebenlinie gedreht, welche nördlich von Guadix von der Hauptstrecke Granada–Almeria abzweigte und über Gor nach Baza führte. Zwischen Guadix und Hernán Valle sind noch heute die Ruinen einer ehemaligen Zuckerraffinerie zu finden, welche dazumal noch über einen Gleisanschluss verfügte. Das weitläufige Areal diente als Kulisse für die geradezu apokalyptische Szenerie, kurz bevor der letzte Zug Mexico City in Richtung USA verlässt: Während auf der linken Seite eine verzweifelte Menschenmasse die Waggons stürmt, um noch irgendwie eine Fahrgelegenheit zu ergattern, sind auf der rechten Seite Massenhinrichtungen von politischen Häftlingen im Gange. Auf der zweigleisigen Ausweichstation von Gor inszenierte Leone dann die Episode, als der in Richtung Norden fahrende Sonderzug mit dem Gouverneur (Franco Graziosi) an Bord – gleich hinter der Schlepptenderlok ist ein gepanzerter Mannschaftswagen mit drehbarem MG-Turm eingereiht, während sich Rod Steiger und James Coburn im mitgeführten Viehwaggon verschanzt haben – von den Aufständischen angegriffen wird. Um nicht mit einem mit Holz beladenen Lkw zu kollidieren, welcher unvermittelt auf die Trasse rollt, sieht sich der Maschinist zu einer Notbremsung gezwungen, worauf die Waggons aus dem Hinterhalt unter Feuer genommen werden. Die Strecke – „Línea del Almanzora“Um Andalusien an das Netz der „Ferrocarriles de Madrid, Zaragoza y Alicante“ (MZA) anzubinden, erhielt anno 1870 die britische Kapitalgesellschaft „The Great Southern of Spain Railway“ (GSSR) die Konzession für den Bau einer Bahnlinie zwischen Murcia und Granada. Während die „Ferrocarril de Lorca a Baza y a Aguilas“ (LBA) den durchgehenden Betrieb nach Baza im Jahre 1894 aufnehmen konnte, dauerte es bis zur Inbetriebnahme der „Ferrocarril Baza–Guadix“ (B-G) – für welche das spanische Konsortium „The Granada Railway“ verantwortlich zeichnete – weitere dreizehn Jahre (1907). Anlässlich einer 1984 durch die RENFE verfügten Restrukturierung des Streckennetzes wurde der gesamte Abschnitt zwischen Guadix und Lorca ab Januar 1985 stillgelegt, teilweise aufgelassen und endet seither abrupt an der Nationalstraße 334, ziemlich genau auf halbem Weg zwischen Caniles und Seròn. Bis gegen Ende der 1960er Jahre verkehrten auf der so genannten „Línea del Almanzora“ vor den wenigen Reisezügen die RENFE-Schlepptendermaschinen der Reihe 130 vom Typ „Mogul“ (Achsfolge 1-3-0 beziehungsweise 1’C), welche zwischen 1889 und 1905 in mehreren Serien von diversen britischen Fabriken and die LBA geliefert worden waren. Die dampfgeführten Reisezüge wurden in der Folge durch Dieseltriebwagen ersetzt, so dass wahrscheinlich eine der ehemals fünfundzwanzig Maschinen (Nº 2121 bis Nº 2145) bei den Dreharbeiten zum Einsatz kam. Der finale CrashDer infernalische Frontalzusammenstoß zwischen dem Militär-PmG (Personenzug mit Güterbeförderung) von Colonel Gutierrez und einer von den Aufständischen gekaperten und mit Sprengstoff vollgepackten Schlepptendermaschine ist – zusammen mit der Auffahrkollision in De Milles „The Greatest Show On Earth“ – die wohl spektakulärste Zugkatastrophe in der Kinogeschichte. Die Dreharbeiten fanden auf einem schnurgeraden Streckenabschnitt der ehemaligen Minenbahn zwischen Estatión de Lacalahorra und Alquife statt, bestens bekannt aus den Leone-Western „Per qualche dollaro in più“ oder „C’era una volta il West“. Obwohl der Regisseur zuerst die Absicht hegte, analog zu Frankenheimers „Le Train“ den Crash mit aufgekauften RENFE-Loks (und Waggons) zu drehen, wurde dieses Ansinnen aus produktionstechnischen Gründen als zu riskant verworfen. In der Folge kamen äusserst wirklichkeitsgetreue Modellfahrzeuge (angeblich im Maßstab 1:20) zum Einsatz, wobei das ungeübte Auge dies dank der sorgfältigen Inszenierung in den Römer Cinecittà-Studios kaum zu erkennen vermag.
Autor dieser Filmbesprechung: Manuel Gurtner
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